Tierschutz und Jagd

Die konstante Auseinandersetzung des Tierschutzes mit der
Jagd und umgekehrt ist notwendig. Dabei müssen verschiedene, ineinander
übergreifende Aspekte beachtet und möglichst klar auseinander gehalten
werden: persönliche ethische Überzeugungen sowie ökologische Sachverhalte und
entsprechende natur- und tierschützerische Wertungen, sowie die einem ständigen
Wandel unterworfenen gesellschaftlichen, politischen und gesetzlichen Vorgaben.
Für den Schweizer Tierschutz STS gilt es in erster Linie festzuhalten, wo es aus
der Sicht des Tierschutzes bei der Jagd Handlungsbedarf gibt und/oder besonderer
Aufmerksamkeit bedarf.
(...) Da in der Schweiz die Bestände gewisser Wildtierarten (v.a.
Rot- und Schwarzwild) sehr hoch sind – u.a. dank Zunahme der Waldflächen und des
Nahrungsangebotes auf landwirtschaftlichen Flächen (Wildschwein) – ist eine
Bejagung nach heutigem Wissensstand notwendig. Aus Sicht des Naturschutzes kann
die Jagd helfen, Wildschäden an Feld und Wald (Verbissschäden an jungen
Pflanzen, keine natürliche Waldverjüngung) zu minimieren und Lebensräume intakt
zu halten. Sie kann auch dazu beitragen, durch Tierseuchen wie die Gamsblindheit
entstandenes Leid zu reduzieren, indem sie deren Ausbreitung hemmt und leidende
Tiere erlöst. Und sie versucht, Wildbestände auf einer ökologisch tragbaren
Grösse in dem vom Menschen mitgenutzten Lebensraum zu halten. Dies geschieht
auch im Interesse des einzelnen Tieres, das in einem nachhaltig bejagten Bestand
weniger Hunger- und Dichtestress leidet und somit eher in guter körperlicher
Verfassung bleiben soll.
Diese positiven Effekte der Jagd dürfen aber nicht überbewertet werden. Denn
grundsätzlich regulieren sich Wildbestände auch ohne menschliches Zutun – egal,
ob in einer "Wildnis" oder der intensiv genutzten Kulturlandschaft. Die Jagd
dient lediglich der Schaffung und Erhaltung eines vom Menschen zurzeit
gewünschten Zustands. Dieser Zustand kann für die Tierwelt und Artenvielfalt
vor- oder nachteilig sein; zwingend "natürlich" oder "notwendig" ist er aus
ökologischer Sicht nicht.